5.7.23, gestern wurde es spät. Die Fahrt von Halong zurück nach Hanoi zog sich, ein Sandwich to go, die dringend nötige Dusche, eine Live-Schaltung zu Nicolas Geburi-Party, Korrespondenz, Blog und schon war es 01.45 h. Ich stellte den Wecker auf 05.30 h, denn ich wollte vor dem grossen Verkehrs-Chaos aus dem Gröbsten raus sein. Um 04.00 h war ich bereits hellwach, packte meinen spärlichen Hausrat zusammen, hängte diesen ums Vreni und um Punkt 05.00 h machte ich mich auf den Weg zur ersten Fahrrad-Etappe im Projekt ‚DadandSun☀️‘. Mein Tagesziel lautete heil aus dieser 9-Millionen-Chaotenstadt zu kommen und das Etappenziel Ninh Binh zu erreichen. Ich gebe es zu, der Start hat Potenzial zur Verbesserung. Jedenfalls habe ich die ca. 40-Frau-Jogagruppe zwei Mal gesehen.. Ich kam aber sehr schnell in den Flow, hatte plötzlich einen klaren Kurs auf dem Display, kniff die Arschbacken zusammen und fräste genau so frech bei Rot über die fetten Kreuzungen wie dies die Vietnamesen tun und es klappte prima. Ampeln und Fussgängerstreifen interessiert hier niemand. Aus der anfänglichen Angst wurde sogar ein richtiger Spass und ich konnte die Fahrt geniessen. Okay, als um halb sechs dann im Lenkertäschli mein Wecker klingelte, hatte ich eine Hand zu wenig aber auch das habe ich irgendwie hinbekommen. Es war definitiv eine gute Idee so früh zu starten weil ab 07.00 h ist in Hanoi bis 02.00 h die Hölle auf Erden los im Strassenverkehr. Aber auch zwischen 05.00 h und 06.00 h ist schon einiges im Gang. Was ich alles gesehen habe. Unglaublich. Zum Beispiel ein Mofa-Lenker mit einer alten Frau die über dem Lenker lag (und hoffentlich einfach nur geschlafen hat, die Asiaten schlafen ja schliesslich überall), ein anderer mit vielleicht 30 Hühnern, hängend, in Taschen und in Gitter-Körben, jene glaube ich noch in Bewegung gesehen zu haben und schliesslich noch einer, der definitiv eine Leiche abtransportiert hat. Er hatte auf der Sitzfläche hinter sich eine ganze Sau über den Roller gehängt. Ohne irgendetwas, splitternackt. Also ganz ganz war sie nicht mehr, denn der Kopf fehlte. Die Beine hingen auf beiden Seiten runter und die Klauen schleiften auf dem Asphalt. Hanoi - ev. ganz Vietnam - scheint nichts für schwache Gemüter zu sein und TierliebhaberInnen könnten hier wohl den ganzen Tag nur weinen. Was mir auch bei 40 Grad Aussentemperatur kalt den Rücken runter läuft, ist, wenn ich kleine Kinder sehe auf diesen Rollern. Die Beinchen geben noch nicht einmal einen rechten Winkel auf den Sitzbänken und die Hände können kaum das Hemd von Papa greifen und doch fahren die so rum und überhaupt nicht langsam, sondern zackig wie alle andern auch. Ohne Schutz, ohne Halt einfach nur mit Gottes-Vertrauen. Eine andere Szene war eine Mutter hinter Ihrem Mann? auf dem Roller, mit ihren beiden Händen hielt sie das in ein Tuch eingewickelte paar Wochen alte Baby. Ein kurzer Bremser reicht und die kleine Raupe macht einen Abflug. Es ist wirklich unglaublich wie das hier abgeht. Was ich aber sagen muss ist, dass die Leute in Hanoi die Morgenstunden nutzen um Sport zu treiben. Es hatte viele Radfahrer die ihre Runden drehen, Gruppen aber auch einzelne Personen die mit oder ohne Musik Übungen machen und ihre Gliedmassen und Muskeln dehnen. Sie alle benützen dafür die Strasse, zusammen mit Rollern, Autos, Bussen und Lastwagen. Irgendwie scheint das einfach zu funktionieren. Jedenfalls drehe ich permanent und wie eine Eule meinen Kopf um möglichst nichts zu verpassen. Nach gut 10 Kilometern bin ich aus der Stadt raus und dann der erlösende Schrei vor Glück. Hier kann man ja machen was man will so scheint es. Darauf folgte ein kräftiges‚Goooood Mooorning Vietnam‘ gen Himmel und auch das wollte ich schon lange einmal machen (guter Film aus dem Jahre 1987 mit Robin Williams) und da ich heute meine Vietnam-Route in Angriff genommen habe, erschien es mir entsprechend passend. Es wird nicht das letzte Mal sein, wo ich so früh starten werde. Muss ja nun auf niemanden mehr Rücksicht nehmen und kann tun und lassen was ich will. Das schöne bei dieser Variante ist, es ist noch nicht ganz so heiss - wobei einem auch um 05.00 h bereits vom nichts tun der Schweiss runterläuft - und ich habe so quasi am Nachmittag ‚frei‘. Denn für die täglichen 100 Kilometer brauche ich bei gemütlicher Fahrt 5 Stunden. Und ich will es mit Absicht gemütlich nehmen. Vielleicht mache ich später einmal etwas zu Fuss, denn oft ist es mir sogar mit dem Radl zu schnell und ich verpasse so einige Schnappschüsse. Der Tag war perfekt und ich bin richtig happy. Ausser dem kurzen Herzaussetzer als eine stattliche aber durchaus elegante und geschmeidige Schlange nur 8-10 Meter vor mir über die Strasse huschte. Ich ziehe die Dinger irgendwie an. Ich könnte wetten, wenn ich hier Leute fragen würde, dass die mir sagen sie sehen selten bis nie Schlangen..
Ich kann nicht oft genug sagen, dass ich meinem Umfeld und den langjährigen Arbeits-Kolleginnen und Kollegen sehr dankbar bin, dass sie mir die Möglichkeit zum Abschalten gewähren. Und es gelingt mir problemlos. Ich bin momentan in meiner Traumwelt, mit meinen Gedanken weit weg von Fusscrèmes, Halluxbandagen und Hornhautfeilen - aber vielleicht auch nur weil die regelmässigen ‚Good News‘ aus Burgdorf und Wien keinen Zweifel daran lassen, dass es auch problemlos ohne mich geht. Das kratzt übrigens nicht im Geringsten, im Gegenteil, es macht mich richtig stolz!!
Wunderbar wie Du schreibst, möge es mir vorstellen wie im Film die Strassen von Vietnam. Viel spass und mach dein Tripp in deinen Trapp
So du ... Habe eine neu Kopfbedeckung für dich gesehen .lach lach .. wasserbüffel und andere Büffel die mit dem langen Rüssel... aber alles passend .. häbs guet