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b.keller

Meine ersten paar Tage solo und Eindrücke aus Vietnam

2.7.23, Ich sitze am Flughafen in Duschanbe. War etwas umständlich mit dem PW-Taxi zum Flughafen wegen den beiden grossen Kartons. Der Karton mit dem Fahrrad hat um die Hälfte aus dem Auto geschaut aber der Driver fuhr entsprechend langsam und vorsichtig, so dass alles gut ging. War erstaunt dass der Taxifahrer nur 1 Franken (10 Somoni) einkassiert hat für die 3 Kilometer ‚Spezialfahrt‘. Dafür wird man beim ‚Wrapping’ abgezockt, jedenfalls hat mein Cash nur noch für ein Karton gereicht aber ich denke das wird schon gut gehen und meine Sachen werden ganz in Hanoi eintreffen. 

Vor ein paar Stunden war Nicolas hier. Sein Flug ging um 06.10 h über Istanbul nach Zürich. Um 04.00 h war Tagwache. Bin gespannt wie es ihm ergangen ist mit dem ganzen Prozedere. Ev. noch etwas umständlicher als bei mir, da er Economy fliegt und ich für meinen 24 Stunden Trip über Almaty, Kasachstan und Seoul, Korea nach Vietnam, Business gebucht habe. Beim Check-in hat der Angestellte mein Vietnam-Visum aus dem Pass genommen und nicht wieder eingelegt. Dies ist mir zum Glück einen Stock höher bei der Passkontrolle noch aufgefallen. Nach langer Erklärung was mein Problem ist, ging ein Mann in Uniform runter und kam nach 10 Minuten mit meinem Visum in der Hand zurück. Ich war erleichtert. Sah mich schon wie Tom Hanks, im Film wessen Titel mir gerade nicht einfällt, Monate lang am Flughafen rumhängen.. Ansonsten lief am Flughafen in Tadschikistan alles problemlos und der Flieger hob plangemäss ab in Richtung Almaty, Kasachstan. Dort angekommen ging es darum ganze 7 Stunden über die Runden zu bringen bevor es erneut in den Flieger nach Seoul, Korea ging zur nächsten Zwischenlandung. Zum Glück hatte der Barkeeper erbarmen mit mir und gewährte mir einen Hotspot, damit ich wenigstens etwas Handy-Ablenkung hatte. Der Saal füllte sich bis auf den letzten Sitzplatz und die Klimaanlage war kurz davor den Geist aufzugeben. Die Luft wurde dicker und dicker. Das belanglose rumsitzen ohne sinnvoller Beschäftigung ist nichts für mich und ich freute mich schon wieder auf‘s Radfahren. Während ich die Zeit absass und mir der Allerwerteste mehr schmerzte als 10 Stunden auf dem Fahrradsattel, schossen mir Fragen durch den Kopf. Kommt mein Vreni heil in Hanoi an? Funktioniert das Weiterleiten bei zwei Zwischenlandungen wirklich? Werde ich mit meinen zwei linken Händen fähig sein, das Vreni sachgemäss zusammen zu bauen? Finde ich ohne meinen Guide ‚Nicolas‚ überhaupt aus Hanoi raus und dies sogar in der richtigen Richtung? Fragen über Fragen - eventuell trug auch der schwindende Sauerstoffmangel dazu bei. Mit dem Barkeeper war ich nach 7 Stunden übrigens schon recht gut befreundet.. Dieser suchte mich kurz vor dem Boarding noch am Gate um ein Selfie zu schiessen und mir eine Tafel Schokolade zu schenken. Was für ein netter, junger Mann das war. Die Schoggi habe ich jedenfalls noch im Flieger verputzt und schmeckte gar nicht mal so schlecht. Wäre mein Schweizer-Qualitätsanspruch an Schokolade nicht dermassen hoch, hätte ich sogar gesagt die sei vorzüglich gewesen.

 

3.7.23, lande pünktlich in Hanoi von Seoul, Korea kommend, mit dem Gepäck hat alles bestens geklappt wie auch mit dem Abholservice, welchen ich über Booking.com organisiert habe. Ich dachte, ein grösseres Fahrzeug wäre sinnvoll mit meinem ganzen Bagage und deshalb wollte ich auf Nummer sicher gehen. Um 14.00 h traf ich im Hotel De la Soie ein. Noch nie war ich in einem so kleinen Hotel untergebracht. Beachtliche 6 Stockwerke hoch doch pro Etage nur 1 Zimmer. Mit meinem Fussmass messe ich eine Hausbreite von 230 cm. Ich bin nun also inmitten von Hanoi, im Verkehrsgewusel und im permanenten Gehupe angekommen. Obschon ich von meiner 24 Stunden Reise auf den Felgen bin, muss nun das Rad zusammengebaut werden. Ich habe keine Zeit zu verschenken, denn mein Visa für Vietnam läuft bereits Ende Monat aus und Morgen, an Nicolas Geburtstag, habe ich eine Sightseeing-Tour gebucht an die Halong Bucht mit Bus und Schiff. Im Zimmer gibt es für die Montage keinen Platz und es wäre schon gar nicht möglich dieses in den 5. Stock geschweige denn, dieses montiert und in voller Grösse auch wieder nach unten zu bringen. Also schraube ich auf den zwei Quadratmetern vor der Rezeption rum. Die Dame am Empfang will helfen und hält mit stoischer Ruhe mein Fahrrad während mir der Schweiss nur so runter läuft. Gut habe ich bei der Demontage noch das ein oder andere Foto gemacht, diese sind nun sehr hilfreich um alles wieder in den Originalzustand zu bringen. Die Testfahrt war nicht schlecht aber auch nicht perfekt. Es kratzt noch und die Gänge lassen sich nicht perfekt schalten. Ich verschiebe aber das Finetuning auf den Starttag 5. Juli, denn nun will ich, obschon ich auf der Stelle und im Stehen einschlafen könnte, die Stadt erkunden. Mein Ziel war es, die bekannte ‚Train-Street‘ zu sehen. Der Ort an dem der Zug durch die engen Gassen fährt und die Marktstände in Windeseile weggeklappt werden müssen damit dieser passieren kann. Die Empfangsdame gibt mir eine Stadtkarte und macht ein Kreuz wo ich hin soll. Guten Mutes wage ich mich ins Chaos. Unglaublich was hier auf der Strasse los ist. Schon nach paar Hundert Meter hat das Landei aus Burgdorf keine Ahnung mehr, in welche Richtung es gehen muss. Die Lesebrille im Hotel wäre nun super, denn die Karte und vor allem die Strassennamen sind in Schriftgrad 2 oder 3 gedruckt. Die Trennung von Nicolas ist erst ein paar Stunden her aber nun vermisse ich ihn schon an meiner Seite. Er hat jeweils schier blindlings durch die grossen Städte navigiert und ich war froh, mich nur auf sein Hinterrad konzentrieren zu müssen. Aber ich will die Situation auch nicht dramatisieren. Ich komme klar, resp. ich nehme es locker, habe Zeit und versuche all die Eindrücke aufzunehmen und abzuspeichern. Ich bin also stundenlang in dieser neuen Welt und um es gleich vorweg zu nehmen, meine ‚Train-Street‘ habe ich nicht gefunden. Aber wahrscheinlich war ich schon dermassen geflasht von all den Eindrücken, dass es mir wohl nicht mehr so wichtig erschienen ist, denn ich hätte ja alle paar Meter auch einem Mofa-Taxi aufsitzen können. Hanoi hat mich gerade etwas überfordert, aber durchaus positiv und spannend, ich fand schliesslich den Weg zurück ins Hotel, erledigte noch die nötigen Pendenzen wie SIM-Card besorgen und ging dann in meine paar Quadratmeter im Penthouse und schlief wohl bereits im freien Fall ins Bett ein..


4.7.23, erwache eine Stunde vor dem Wecker, es brummt und hupt bereits schon mächtig in den Strassen Hanois. Ich mache mich auf den Weg zum Morgenessen, welches ich mir aber besorgen muss, da es im Hotel sowieso kein Platz gäbe um ein paar Tische aufzustellen. Aber gleich um die Ecke gibt es bereits mehrere Alternativen zu einem Kaffee zu kommen. Pünktlich warte ich vor dem Hotel auf die Abholung durch den Tour-Organisator. Ich freue mich auf meinen ‚Anklimatisierungstag‘ und an die Halong Bucht, welche ein UNESCO-Kulturerbe ist. Ein 50-Sitzer fährt vor und ist schon gut besetzt. Die Fahrt aus der Stadt dauert eine halbe Ewigkeit. Überall werden Passagiere aufgeladen bis der letzte Platz besetzt ist. Ein Mix von verschiedenen Nationen. Vor mir Inder, links neben mir eine Russin und rechts ein hübsches, junges Pärchen aus Argentinien. Die Reiseleitung informiert über dies und jenes, z.Bsp. dass wir allfällige Termine am Abend besser absagen sollen, denn es werde in den meisten Fällen Mitternacht bis man zurück im Hotel sei, dass Hanoi soviel heisst, wie die Stadt welche von einem Fluss umgeben ist. Der ‚Rote Fluss‘, welcher besser in ‚Braune Brühe‘ umgetauft werden sollte. Das hat sie natürlich nicht gesagt und ist nur ein Vorschlag von meiner Seite. Oder dass alleine in Hanoi 9 Mio. Leute leben, dass in dieser Stadt 6 Mio. Mofas fahren oder stehen, dass Hanoi erst seit 42 Jahren die Hauptstadt Vietnams ist und dass es ganze 1969 Inseln in der Halong Bay gibt. Auch will sie uns klar machen, dass wir heute nicht alle besichtigen können was glaub dem hintersten und letzten einleuchtet. Informativ aber wohl nicht spannend genug, denn hinter mir schnarcht es bereits in einer erstaunlichen Lautstärke. Nach 2,5 Stunden Fahrt gibt es den ersten Halt bei einer Perlenzucht und wir erfahren mehr darüber wie diese kostbaren Kügelchen gezüchtet werden. Die Chance auf Perlenglück ist bei der Zucht um einiges höher, da auf natürliche Weise nur gerade ein einziges Sandkorn auf 10‘000 Austern im richtigen Moment den Weg ins Innere der Muschel findet. Selbstverständlich könnte man die entsprechenden Schmuckstücke nun auch hier käuflich erwerben. Nach gut zwei Stunden Fahrt erreichen wir den Hafen in Halong und wechseln vom Bus aufs Schiff. Alles durchorganisiert werden die Sitzplätze an den Tischen verteilt und mein Los hätte besser nicht sein können. Obschon alle im Alter meiner Jungs waren hat die Chemie sofort gepasst. Abi aus Norwegen, ein 25 jähriger Sportler der nach dem Studium nun 2 Monate Ferien in verschiedenen Ländern Asiens geniesst, Layla aus Kuwait und Mohamed aus dem Oman. Während dem Mittagessen tuckerten wir um eine Vielzahl dieser rund 2000 Inseln und legen bei einer mit Sandstrand an. Es steht eine 45 Minuten Pause an, an welcher die eine Hälfte der Gruppe einen Sprung ins Wasser wagt und der Rest auf den Gipfel steigt um Fotos zu schiessen. Es ist atemberaubend schön und eindrücklich und ich bin froh, digital unterwegs zu sein und nicht nach 36 Schüssen den Film wechseln zu müssen, wie dies früher der Fall war. Die Zeit war schnell vorbei und der Guide trommelte seine Schäfchen zusammen für die Weiterfahrt. Das zweite Highlight stand an - Kajak fahren. Ich setze mich mit dem Norweger mit Wurzeln aus Sri Lanka ins wackelige Kunststoffteil und wir harmonieren von Beginn weg bestens. Beim dritten Insel-Hopping ging es dann zu einer imposanten Höhlenbesichtigung und wir erhielten Informationen zu Alter und Entstehungsgeschichte. Der Tag war im Nu vorbei und schon bald senkte sich die Sonne über dem Horizont und wir fuhren zurück in Richtung Hafen wo der Car auf uns wartete und zurück ins Gewusel nach Hanoi brachte. Keine 3 Minuten unterwegs, schnarcht es bereits wieder hinter mir..




1 Comment


Guest
Jul 04, 2023

Lieber Bernhard was für ein toller Bericht! im April meine ich hast du mal geschrieben, dass du froh bist, dass Nicolas das so gut macht. Nun der Stamm ist nicht weit vom Apfel! Freue mich auf weitere Berichte und wünsche Dir gut röllele! Urban

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