8.6.23, wir sind gespannt was uns die nächsten drei Wochen erwartet. Was aber schon klar ist, ab jetzt ist Schluss mit Luxus. Wir fahren mit vollbeladenen Rädern los in Richtung Usbekistan. Es ging nicht lange und es war fertig mit Zivilisation und wir liessen die recht grosse Stadt Aktau hinter uns. Es ist warm, nur wenige kleine Wolken sind auszumachen. Wir sind mit hohem Lichtschutzfaktor geschützt und das neue Wüsten-Outfit sorgt für Schatten in Gesicht und Nacken. Verfahren können wir uns auf keinen Fall, denn nur eine Strasse führt nach Osten. Wir strampeln unser Tages-Soll von 100 km ab und sind erstaunt, dass die erste Tankstelle erst nach fast 90 Kilometern kommt. Das mittlerweilen ca. 30 Grad warme Wasser in unseren Bidons ist uns schon am ersten Tag verleidet und so stürzen wir uns auf das Kühlregal mit den Getränken in besagter Tankstelle. Interessanterweise kein einziges Getränk das wir kennen aber die Bilder auf den Etiketten lassen den Geschmack erahnen. Die 1,5 Lt. Birnenwasser waren innert Sekunden Geschichte so Durst hatten wir. Gestärkt machen wir uns auf den Weg und auf die Suche nach einem geeigneten Zeltplatz. Wir machen in der Ferne ein paar Hügel aus, nicht viel höher als von einem Maulwurf aber immerhin ein kleiner Sicht- und Windschutz. Wir bauen unsere Zelte ein erstes Mal auf, für Dad ist die letzte Nacht in einem Zelt vierzig Jahre her. Die Montage ging zackig und problemlos. Nach der Katzenwäsche übernimmt Nicolas das Kochen. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit bis das Wasser auf dem Benzinkocher zu sieden beginnt. Aber das Timing war perfekt, denn die Pasta Genovese war Hand in Hand mit dem Sonnenuntergang al dente und schmeckte vorzüglich. Beste Voraussetzung für eine gute erste Nacht im Zelt.
9.6.23, Gar nicht einmal so schlecht geschlafen… Das Morgenessen beschränkte sich auf ein paar Knäckebrote mit Nutella und nach der Morgentoilette im Freien und dem Zusammenpacken unseres Camps machen wir uns um 08.30 h auf den Weg zur zweiten Wüstenetappe. Es ist anstrengender als erwartet und wir kommen mit dem starken Gegen- und Seitenwind nur mühsam voran. Genau genommen hatten wir einen Schnitt von 15 km/h und legten heute 130 km zurück. Der Wind hatte aber auch etwas gutes und machte die Hitze erträglicher. Wir haben auf dem Weg viele Tiere gesehen, vor allem aber Kamele. Ein solches verunfallte vor unseren Augen. Es rannte der Strasse entlang, gestresst von einem Auto, und sprang über die Leitplanke. Leider touchierte es diese und knallte auf der anderen Seite zu Boden, die Hinterbeine in der Leitplanke verheddert. Wir hielten sofort an wie auch zwei Handwerker in einem Pick-up. Diese montierten kurzerhand die Handschuhe und zerrten das gewichtige Tier von der Leitplanke weg. Es ist ihm zum Glück nichts passiert, so schien es.
Leider ging es auch heute lange bis zu einer Tankstelle aber wir haben nach ca. 60 Kilometer einen Engel getroffen. Ein Kasache hielt rechts an und gab uns 3 Liter kühles Wasser und drückte uns noch Geld in die Hand. Wir mussten annehmen, er hat etwas von ‚Tradition‘ erzählt und darauf bestanden. Sowieso hatten wir trotz brutal hartem Wüstentag heute grosses Glück. So trafen wir einen Chinesen mit dem Namen Guam Shou Jun der uns einen Tipp zum Übernachten gab. Er hat uns dies eindringlich empfohlen weil das Zelten in der Wüste aufgrund der Wölfe zu gefährlich sei. Wir mussten dafür einfach noch einmal 45 Kilometer in die Pedale treten aber es hat sich gelohnt. In einem Fast-Food Laden in einem ‚Dorf’ mit 3 Häusern, durften wir in einem Nebenzimmer am Boden schlafen und haben uns so das Zeltaufbau-Prozedere sparen können. Die Leute hier sind sehr herzlich, wir sind noch lange mit ihnen am Tisch gesessen, haben Tee getrunken und über uns und die Schweiz erzählt. Es hagelte an Fragen und die Brüder waren sehr interessiert. Das Handy mit Google Translate wechselte hin und her. Dastan, 25 jährig, schmeisst den Laden zusammen mit seinem 14 jährigen Bruder. Es wäre ein grosser Traum von ihm, einmal in die Schweiz reisen zu können. Wer weiss, manchmal werden Träume wahr..
10.6.23, wir räumen unsere Schlafstelle, machen die Morgentoilette draussen da keine sanitären Anlagen im Haus vorhanden sind, essen ein paar Scheiben Toastbrot und verabschieden uns von Dastan. Der Gegenwind war heute sogar noch stärker wie die beiden Tage zuvor und so brauchen wir für die ersten 22 Kilometer sage und schreibe zwei Stunden. Wir schafften heute trotzdem 110 KM. Verpflegungsmöglichkeit gab es wieder nur eine einzige nach ca. 60 KM. Wir haben uns die Wüste nicht so brutal vorgestellt aber hier wird von uns beiden alles abverlangt - körperlich und mental!
11.6.23, trotz hartem Tag und entsprechender Müdigkeit haben wir den Abend vor den Zelten sehr genossen. Es gab quasi einen Viergänger. Cocos-Chips zum Apéro, Chili-Nudeln mit Thon im ersten Gang, Gemüse-Nudeln mit Thon im Zweiten und ein Nescafe mit Kecks zum Dessert. Dazu ein prächtiger Sonnenuntergang und das Entertainment von Nicolas, welcher mit seinem Lieblings-Mundart-Musiker fehlerfrei im Duett rappte. Auch diese Nacht konnten wir beide prima schlafen und wurden weder von Wölfen noch Schlangen heimgesucht.
Am Morgen braucht es keinen Wecker. Die Sonne vermag das Zelt so schnell aufzuheizen, dass wir jeweils schnell nach draussen wollen, wobei es dort dann eine halbe Stunde später auch schon wieder schön warm ist. Wir räumen unser Lager und machen uns auf den Weg nach Beineu. Hier konnten wir auf Google sogar ein Hotel ausmachen und entsprechend freuen wir uns auf die erste potenzielle Dusche nach 4 Tagen und hoffentlich ein richtiges Bett. Für die ersten 20 Kilometer brauchen wir erneut 2 Stunden aufgrund des starken Windes. Es ist wirklich zermürbend dieses Treten an Ort und das fast 10 Stunden täglich. Wir hielten oft am Strassenrand an um kurz einen warmen Schluck aus der Flasche zu nehmen und heute, schier am Ende unserer Kräfte, sagte Nicolas; ‚was denkst du, wenn ich den Daumen rausstrecke, hält einer der uns für die letzten Kilometer nach Beinau mitnimmt‘? Gesagt getan, und siehe da ‚Jackpot‘ - der allererste Lieferwagen hält an. Nach einem kurzen Gespräch mit Nikita aus Russland und seiner Freundin Anita aus Aktau, macht er kurzerhand Platz auf der Ladefläche und wir sind glücklich dem Wind für kurze Zeit zu entkommen. Wir luden die beiden ein zu einem kleinen Imbiss bevor sie in Richtung Moskau weiterfuhren. Zuvor musste aber noch getankt werden, denn auch hier schlägt der Wind zu Buche. Nikita sagte, dass er 30% mehr Treibstoff braucht für die selbe Strecke ohne Wind und auch das lenken sei schwieriger, er müsse praktisch permanent Gegensteuer geben. Wir wussten nur zu gut von was er spricht..
Das von Nicolas im Netz gefundene Hotel gab es sogar, war offen und okay. Der nette junge Mann fragt, ob wir gerne ein Zimmer mit Klimaanlage hätten, was wir selbstverständlich bejahen, und kassiert dafür umgerechnet 14 Franken ein. Würden wir in der Schweiz in genau dieses Hotel einchecken, mit einem Rinnsal an Wasser aus der Brause, Dusche und WC auf dem gleichen Quadratmeter ohne Abtrennung, verrostete Armaturen und noch vieles mehr welches zum meckern veranlassen würde - aber nichts dergleichen, wir fühlen uns nach diesen ersten vier Wüstentagen hier wie im Paradies! Und dank vorhandenem Internet, kann endlich auch dieser Blog-Beitrag raus..
Morgen erreichen wir - ja nach Wind ev. bereits Usbekistan. Also, dann bis irgendwann, wer weiss.. 🙋🏼♂️🙋🏼♂️
Du wirst merken Nicolas es entschleunigt das tut auch deinem Vater gut. Sorry Bernhard du bitzeli workaholiker. Wie mir (fast)alli ide Schwiiz. Es tuet so guet endlich mal nüt zha und alles ussert Pedala la bambalala... i has erläbt aber ufen Kamel d.h. Dromedar jede morge zmorge uf em grill bi sunneufgang am 11i vor de gross hitz zmittag vom füür und am 4i znacht vom für am 6i sunne undergang ässe und am 8ti stärnehimmel bestunt. Chume grad is schwärme. Ich hoffe ihr gnüssed die ziit ou es bitzeli. Positivi undbeschriblichi und unvergässlichi Ihdrück.
Wahnsinn....... 🎩ab......... was ihr 2 beide leistet....... OMG👏wir denken so oft an euch. Ganz liebe Grüsse wo immer ihr jetzt radelt........ 🤍lichst Loris und Fabienne