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12.-16.6.23, Wüstenabschnitt in Kasachstan bis Nukus in Usbekistan

Wir verlassen die Tagebuch-Form und legen ein paar Wüsten-Tage zusammen, denn wie wir Zelt aufstellen, wieder abräumen und Zähne putzen weisst du ja nun.

Am ersten Tag von diesem Gruppen-Blog soll es als Tagesziel einen neuen Landesflaggenkleber auf unsere Velorahmen geben. Wir setzen alles daran die Grenze von Kasachstan zu Usbekistan an diesem Tag zu erreichen, was uns mit 10 harten Stunden im Sattel schliesslich auch gelingt. Der Grenzübertritt war speziell und sogar etwas spektakulär für so eine karge Gegend. Was man sagen darf, auf beiden Seiten treffen wir auf sehr nette und hilfsbereite Beamte. Schliesslich braucht es ein gewisses Verständnis wenn plötzlich zwei abgekämpfte Vogelscheuchen auftauchen und weder ein einziges Wort verstehen noch deren Schrift lesen können. Wir wurden also von einem Schalter zum nächsten ‚geschoben’ und hatten schlussendlich über eine Distanz von 100 Meter, ganze sieben Passkontrollen hinter uns. Sogar unsere Sacochen wurden wie am Flughafen durchleuchtet. Dass wir die Lenkertasche nicht demontierten und diese mit dem verbotenen Satellitentelefon durchflutschte merkte zum Glück niemand. Wir galten klar als Exoten und zogen die Blicke auf uns. Jemand hier mit Fahrrad zu sehen dürfte Seltenheitswert haben. Überall wurde über uns getuschelt. Eine junge Mutter mit Kind wünschte sich ein Foto mit uns aber sofort schreitet ein Mann in Uniform und umgehängter AK47 ein - Fotografieren auf dem ganzen Gelände strengstens verboten!

Ein paar Kilometer nach der Grenze gab es noch eine Verpflegungsmöglichkeit und dort konnten wir sogar wieder einmal mit jemandem sprechen ohne Hände, Füsse und der Hilfe von Google Translate. Drei Deutsche mit ihren monströsen BMW-Tourenmaschinen machen Pause auf dem Weg zum Pamir Highway in Tadschikistan und Kirgistan, welcher bei Dad ja dann auch noch auf dem Plan steht und wahrscheinlich das Herzstück der ganzen Tour werden dürfte.

Rund eintausend Wüstenkilometer haben wir hinter uns. Täglich sind es rund 10 Stunden im Sattel, denn etwas anderes kann man wie nicht machen ohne Schatten und wir wollen ja auch so schnell wie möglich diesen Abschnitt hinter uns lassen und so kommen wir immer je nach Verhältnisse auf 100 bis 130 Kilometer pro Tag. Nukus zum Beispiel haben wir nach einem 16-Stunden-Tag erst gegen Mitternacht erreicht - wobei wir an diesem Tag noch etwas geschummelt haben, da ein Trucker es als seine Pflicht sah uns in seiner klimatisierten Führerkabine quasi zu reanimieren. Jedenfalls sind wir wie gesagt bis spät in die Nacht durchgezogen weil wir hier wieder einmal ein fixes Hotel hatten und dieses vorsorglich über Booking gebucht war. Das Radeln in der Nacht ist übrigens sehr angenehm, jedenfalls auf Wind und vor allem Temperatur bezogen. Aber es ist schon krass was ein Körper auszuhalten vermag. Dachten wir doch vorher schon bei 7 Stunden-Tagen, dass das Limit erreicht sei aber dem ist nicht so. Der Kopf ist der Boss und entscheidet, ob noch 10 Kilometer drin liegen oder nicht und 10 Kilometer gehen immer! Richtig geil finden wir aber, dass unser Routenplaner ‚Komoot’ unsere Tagestouren jeweils als ‚2-3 Tagestour‘ empfiehlt. Wir dürfen sicher beide sagen, dass dies mit Abstand unsere härtesten Fahrradkilometer ‚ever’ waren - und 1100 Wüsten-Kilometer liegen ja noch vor uns. Nukus liegt quasi auf einer grünen Insel inmitten

dieser nicht enden wollenden Wüste aus Sand und Dreck. Obschon, wir konnten vom ersten Wüstenabschnitt in Kasachstan zur Wüste in Usbekistan schon auch Unterschiede ausmachen. Zum Beispiel sehen wir in Usbekistan keine Kamele mehr obschon wir den Eindruck haben, dass es hier etwas mehr Pflanzen gibt als vorher. Oft sehen wir sogar Büsche bis 100 cm hoch, was es vorher nicht gab. Die augenfälligste und auch spürbarste Veränderung ist aber die Qualität der Strasse. Unmittelbar nach Grenzübertritt verlassen wir einen fast perfekten Belag und werden von nun an regelrecht durchgeschüttelt. Die Strasse in Usbekistan bis Nukus ist eine Katastrophe und besteht eigentlich mehr aus Löchern als aus Fläche. Die Lastwagen fahren aufgrund der Schlaglöcher nicht viel schneller als wir mit unseren schweren Gravels, also oft nur mit gerade mal 25 km/h an uns vorbei. Die Rahmenbedingungen haben sich also nun sogar noch verschlechtert. Wind und Temperatur sind identisch und wenn der Wind einmal etwas nachlässt kommen die 40 Grad Celsius um so stärker zu tragen. Egal ob mit Wind oder weniger, es ist und bleibt ein Fight in dieser Wüste! Wie auch schon mehrmals beschrieben, gibt es oft 60-100 Kilometer lang keine einzige Möglichkeit Verpflegung zu kaufen. Du solltest uns jeweils sehen, wenn wir an einem solchen Schuppen oder Tankstelle eintreffen - wie kleine Kinder an Weihnachten vor dem Tannenbaum stehen wir vor dem Kühlschrank, strahlen uns gegenseitig an und freuen uns über ein gekühltes Getränk. Und diese Tankstellen sind nicht zu vergleichen mit der Shell, Coop oder Migrolino Tankstelle bei uns um die Ecke (und oft alle 100 Meter). In der Regel gibt es hier einfach nur Chips, Wasser und ein paar andere Getränke. Krass sind die Preise. Es dürfte angenommen werden, dass wie bei uns auf der Skipiste auch in der Wüste, wo alles hingekarrt werden muss, teurer sein dürfte. Aber dem ist nicht so. Ein Beispiel; 2000 SOM klingt zwar nach viel aber ein halber Liter Wasser aus dem Kühlschrank kostet am A… der Welt nur 15 Rappen!

Wir haben während der Vorbereitungen einmal einen Film gesehen, von einem Typen, der von Deutschland nach Spanien geradelt ist. Es war ein 90 minütiges Gejammere. Wir haben uns damals fest vorgenommen darüber zu berichten was wir erleben und fühlen aber nicht über unsere Druckstellen, Blessuren, sonstigen Bobos und Wehwehchen zu lamentieren. Schliesslich fahren wir aus freien Stücken und es hat uns niemand dazu gezwungen. Aber vielleicht interessiert es dich, welche Symptome wir hier haben resp. was die Wüste mit einem Radler so macht:

Der Mund trocknet sehr schnell aus, der Hals kratzt, Schlucken geht nur schlecht und die Lippen sind trocken und doch kleben sie zusammen, vom Wind und Staub leiden die Augen (wir sehen beide aus wie die grössten Kiffer), die Fusssohlen brennen (kleiner Werbespot; falls auch du nicht ganz 100 sein solltest und eine Fahrradtour durch die Wüste planst, dann steck dir unbedingt ein SatisFeet Fresh ein, dies hält die Füsse mehrere Stunden lang schön frisch - es müsste einfach dabei sein 🙄) sowie - jedenfalls in Usbekistan - das ‚Wiener Schnitzel‘ Syndrom. Jedes Mal wenn ein Auto oder LKW vorbei fährt, ca. 2-3 mal pro Stunde, werden wir in der Hitze kurz paniert. Der Staub und Dreck klebt am ganzen Körper und Kleidung und die Haare sind problemlos auch ohne Stylingprodukte perfekt formbar..

Fazit der letzten 10-Wüstentage:

Herausfordernd. Das Highlight vom Tag ist immer der Abend. Wir geniessen die Lagerfeuer-Atmosphäre, die leckere Pasta, die traumhaften Sonnenuntergänge und der wunderschöne Sternenhimmel so ganz ohne Fremdlicht Einwirkung.

Sobald die Kohletabletten bei Nicolas ihre Wirkung entfalten und er seine Magenverstimmung im Griff hat, fahren wir weiter. Das nächste Mal Internet sowie ein Dach über dem Kopf dürfte in Buxoro sein und somit melden wir uns mit grosser Wahrscheinlichkeit in 6 Tagen wieder. Gueti Zyt, Dad & Son 🙋🏼‍♂️🙋🏼‍♂️



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